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Design Thinking – Interview mit einem Experten

Design Thinking – Interview mit einem Experten


Design Thinking ist ein auf den Menschen fokussierter Ansatz, der vor allem darauf abzielt, Kreativität in den Köpfen der Menschen zu erzeugen und damit die wichtigsten Kundenbedürfnisse zu erfüllen. Dabei können Probleme und Herausforderungen gezielt gelöst werden. Design Thinking setzt das kreative Potential der Mitarbeiter frei und ist ein wichtiges Werkzeug, um methodisch aus einer Idee etwas Konkretes abzuleiten und Innovationen voranzutreiben.


Auch die weltweit erfolgreichsten Marken wie Google, Apple und Samsung nutzen diesen Ansatz, um ihre Kunden besser zu verstehen und innovative Produkte und Techniken zu entwickeln. 


Um mehr über Design Thinking zu erfahren, folgt ein Interview mit einem Design Thinking Experten, der seit vielen Jahren im IT-Sektor arbeitet und viel Expertise sammeln konnte.

1.) Was ist Design Thinking?

Design Thinking sind zwei verschiedene Dinge. Einerseits ist es eine Arbeitsweise, die beschriebt, inwiefern komplexe Problemstellungen, auf die es nicht zwingend eine Antwort gibt, angegangen werden. Dabei nähert man sich über eine sehr relative, logische und gut aufeinander abgestimmte Abfolge von Schritten diesen Themen. Immer aus einer menschlichen Perspektive, das heißt, das Betrachten der eigenen und der außenstehenden Perspektive ist entscheidend.


Aus den daraus gewonnen Erkenntnissen versucht man dann schnell Ideen und Lösungen zu entwickeln, anschließend zu testen und zu hinterfragen, um zu sehen, ob man auf einem guten und sinnvollen Weg ist. Hierbei ist auch besonders wichtig in einem diversen Team zu arbeiten, um möglichst verschiedene Perspektiven zu erlangen.


Andererseits beschreibt Design Thinking eine Denkhaltung, also, dass man sein Verhalten in der Arbeitswelt auch in sein Denken aufnimmt. Dabei sollte man beim Arbeiten an einer Lösung, nicht zu lange in Diskussionsschleifen verheddern. Fundamental ist, auf ein gemeinsames Ziel zu kommen und aktiv nach Feedback zu fragen, auch wenn man im Prozess noch am Anfang ist. 


2.) Was macht diese Methode so besonders?

 

Design Thinking ist eine Arbeits- oder Denkhaltung, und damit mehr als nur eine Methode.


Besonders an Design Thinking ist die Vielseitigkeit. Design Thinking kann überall angewendet werden, wo Probleme („wicked problems“) auftauchen und wo das Ergebnis noch nicht feststeht.

Design Thinking findet auch in den Bereichen Anwendung, in denen Menschen involviert sind und wo eine Menschenzentriertheit erzielt werden kann. Design Thinking kann dann auf alle möglichen Bereiche angewendet werden.


Design Thinking ist vielseitig. Jedes Problem, für das es bisher keine Lösung gibt, kann damit gelöst werden.


Der Einstieg ist sehr leicht und menschenfreundlich. Hervorzuheben ist, dass nicht immer der gesamte Design Thinking Prozess genutzt werden muss, sondern auch nur kleinere Teile angewendet werden können. Im Berufskontext können diese Erfahrungen dann in Meetings, Interviews oder in Kundengesprächen genutzt werden.


 Ein Bild, das Text, Person, drinnen, Mann enthält. Automatisch generierte Beschreibung

 

3.) Wie verläuft ein typischer Design Thinking Prozess?

 

Es wird versucht, das Problem bzw. die Fragestellung aus einer menschlichen Perspektive zu verstehen. Es wird beobachtet, mit Leuten gesprochen, Kontakte werden aufgebaut, neue Informationen und Kenntnisse werden gewonnen. Die daraus gewonnenen Daten werden dann kondensiert und synthetisiert, das bedeutet, dass die gesammelten Informationen genauer betrachtet werden. Anschließend versucht man Muster zu erkennen und zu interpretieren, um dann Fokuspunkte zu finden. Diese dienen dann als Startpunkt für die Ideenfindung zum Beispiel im Sinne von Brainstorming.


Aus den generierten Lösungsansätzen werden danach erste Prototypen gebaut, die eine Konkretisierung der Idee darstellen. Der Prototyp wird danach getestet, um den Prototyp durch das erlangte Feedback zu verbessern.  

4.) Teams im Design Thinking sollten divers sein. Wie genau sollte ein Team zusammengesetzt sein?

 

Das Team sollte aus möglichst unterschiedlichen Leuten mit unterschiedlichen Erfahrungshorizonten bestehen. Bei einem Autohersteller sollten also nicht nur Ingenieure im Team sein, da sonst die Einflüsse von außen fehlen. Empfehlenswert ist es daher, Mitarbeiter aus anderen Abteilungen wie beispielsweise HR oder Innovationsmanagement (welche Abteilung ist dabei relativ offen) miteinbezieht. Auch können Mitarbeiter aus anderen Ländern oder anderen Märkten zu Rate gezogen werden, um ein interkulturell zusammengesetztes Team zu bilden, Muster zu brechen und neue Möglichkeiten zu erschließen.  


Im späteren Prozess des Entwicklungsprozesses, wenn bereits eine Idee vorhanden ist, können spezialisierte Mitarbeiter konsultiert werden, die beispielsweise Apps programmieren können.


5.) Was sind die Erfolgsfaktoren von Design Thinking? Wie können die Erfolgsaussichten gesteigert werden?

 

Offenheit und Vertrauen in der Organisation sind wesentlich. Obwohl das Ergebnis am Anfang das Ergebnis noch nicht bekannt ist, sollte in den Arbeitsprozess vertraut werden. Die Rückendeckung des Managements ist ebenfalls eine wichtige Komponente im Prozess.


Außerdem sollte nicht gleich die ganze Organisation umgekrempelt werden. Angewendet werden können Leuchtturmprojekte, die relativ schnell durchführbar sind und gut illustrieren können, welche Vorteile das Arbeiten mit Design Thinking bietet.

6.) Für wen ist Design Thinking geeignet? Für jeden gleichermaßen?

Design Thinking kann für jeden einen Mehrwehrt bieten, niemand sollte davon ausgeschlossen werden. 


Menschen, die sich schwer damit tun, in Teams zu arbeiten und schwer damit umgehen können, dass es viel Flexibilität gibt und dass Ideen auch wieder verworfen werden, werden mit Design Thinking eher Probleme haben. Allerdings kann jeder seinen Beitrag im Prozess leisten – auch wenn er nicht aktiv am Prozess beteiligt ist, kann zumindest Feedback gegeben werden.


Extrovertierte Leute sind ebenfalls geeignet und Leute, die analytisch denken und Konzepte verknüpfen können. Beim Bau der Prototypen ist besondere Expertise gefragt ­– hier eignen sich Leute besonders, die Experten in dem Thema sind. 

7.) Wie nutzen Unternehmen die Methode des Design Thinkings?

 

In vielen großen Unternehmen ist Design Thinking bereits ein Teil der Unternehmenskultur. Diese haben mehrere Einheiten innerhalb des Unternehmens, die mit Design Thinking arbeiten (agile Transformation).


Wiederum andere Unternehmen arbeiten sich Schritt für Schritt vor. Dort gibt es wenige Menschen, die mit Design Thinking arbeiten.


Unternehmen versuchen auch, ihre Mitarbeiter im Thema Design Thinking weiterzubilden und damit konkrete Projekte durchzuführen und dadurch auch Gewinn zu generieren. Design Thinking wird auch als einer der zentralen Wege genutzt, um mit der digitalen Transformation umgehen zu können und Geschäftsmodelle neu zu denken.

8.) Welche Probleme lassen sich mit Design Thinking lösen? Für welche Probleme ist Design Thinking nicht geeignet?

 

Mit Design Thinking sind generell fast alle Probleme lösbar, auf die man nicht ad hoc eine Antwort hat und bei denen Menschen und ihre Bedürfnisse involviert sind. Lösungen ist nicht das passende Wort. Eher geht es darum, Lösungsansätze zu finden und dann herauszufinden, ob diese funktionieren und ein Schritt in die richtige Richtung sind. Das können zum Beispiel Produkte sein, die umgesetzt werden, Dienstleistungen, die neu gedacht werden oder auch interne Prozesse und Strukturen. 


Nicht geeignet ist Design Thinking dort, wo andere Ansätze sinnvoller sind. Technische Fragen, wo es beispielsweise um die Effizienzsteigerung eines Motors geht, sind nicht passend, da ingeneurtechnische Probleme nicht auf eine menschliche Interaktion abzielen. 

9.) Welche interessanten Unternehmen nutzen Design Thinking? 

Bosch nutzt Design Thinking auf vielen verschiedenen Ebenen. Auch die Deutsche Bahn, IBM und Google haben Design Thinking in ihre Unternehmenspraxis integriert. 


Design Thinking wurde bei der Weiterentwicklung und Modernisierung der DB Information am Bahnhof Wannsee angewendet. Bisher waren die Prozesse dort analog. Formulare mussten handschriftlich ausgefüllt werden. Das sollte mit Design Thinking geändert werden. Ziel war es, stärker auf die Kundenbedürfnisse einzugehen und die Servicequalität zu erhöhen. Daher wurden auch die Kunden der DB in den Prozess integriert. Die Kunden können nun beispielsweise ihr Online-Ticket an den Selbstbedienungsterminals selbst ausdrucken.1

 

 

Wer Interesse daran hat, mehr über Design Thinking zu erfahren, kann an einer einjährigen akademischen Design Thinking-Ausbildung des Hasso-Plattner-Instituts in Potsdam, teilnehmen. Dabei lernen Studierende in kleinen, multidisziplinären Teams mehr über Design Thinking. Die Bewerbung für den Basic Track ist zweimal pro Jahr möglich. Die Kosten im Basic Track betragen 750 Euro (Anmerkung der Autorin).2

 

 

 


¹ Bleuel, Flavia; von Schmieden, Karen (2018): Deutsche Bahn Operations. [online] https://www.user-experience-blog.de/2019/06/innovation-im-d-lab-der-deutschen-bahn-change-agile-designthinking/ [27.02.2021].

² Hasso Plattner-Institut (2021): Basic Track. [online] https://hpi.de/school-of-design-thinking/studium/basic-track.html [27.02.2021].

 

 

 

Author

Nicole Brunkhorst